BlogRemote Fotoshootings erfolgreich planen und durchführen

Remote Fotoshootings erfolgreich planen und durchführen

 

2020/21 hat sich als Zeit herausgestellt, in der die Ausübung von Beruf oder Hobby für viele Fotografen erschwert wurde. Marketing-Budgets wurden gekürzt. Abstandsregelungen und zeitweise starke Einschränkungen in der Durchführung von Shootings für Fotografen oder Make-up Artists führten dazu, dass Aufträge von Privatpersonen wie Hochzeiten, aber auch größere Produktionen in Werbung, TV und anderen Bereichen nicht mehr wie gewohnt durchgeführt werden konnten. Durch das eingeschränkt mögliche Reisen und die Begrenzung auf kleine Teams sind tlw. auch im Bereich der Editorial Fotografie ganze Produktionen für Zeitschriften ausgefallen.

In den letzten Monaten wurden daher erste Schritte unternommen, um Fotoproduktionen auch über weite Distanzen ohne direkten Kontakt zwischen den Teammitgliedern durchzuführen. Was als Social Media Trend in Form von „Facetime-Shootings“ begann, hat sich längst professionalisiert und erhielt Einzug in die Portrait-, Mode- und Familienfotografie.

Dabei lassen sich grundlegend zwei unterschiedliche technische Herangehensweisen identifizieren. Beiden gemein ist, dass Fotograf und zu Fotografierender räumlich voneinander getrennt sind.

1. Facetime-Shooting

Die Form des Facetime-Shootings ist vor allem für Angebote an Privatpersonen, wie Schwangerschafts-Fotos oder Portraitshootings und für experimentelle Fotografie gut geeignet. Diese Shootings sind grundsätzlich mit allen Personen möglich, die ein Smartphone besitzen. Dabei wird über ein Videochat-Tool kommuniziert und fotografiert. Voraussetzung ist nur, dass der Fotografierte ein Smartphone mit Kamerafunktion sowie eine möglichst stabile Internetverbindung hat. Der Fotograf kann, je nach präferierter Version, ebenfalls ein Smartphone nutzen oder aber per Tablet oder Laptop interagieren.

 

Aufbau eines Facetime-Shootings

 

Der Fotograf nutzt nun verschiedene Varianten für die entsprechende fotografische Inszenierung.

 

1.1 Screenshots direkt aus dem Endgerät heraus

Hier kann maximal die Auflösung des dem Fotografen zur Verfügung stehenden Device erreicht werden. Eventuelle Pixelfraktale durch eine verminderte Übertragungsrate sind hierbei sichtbar. Je nach Tool werden derzeit die Übertragungsraten unterschiedlich stark reduziert, um eine Grundversorgung für alle zu gewährleisten.

Vergleich der möglichen Tools

Zu beachten ist dabei immer, dass die Smartphone-Kamera des Fotografierten häufig eine Weitwinkel-Kamera ist und zu Verzerrungen führen kann. Damit eine möglichst gute Basis geschaffen wird, ist es zu empfehlen, dass der Fotografierte für eine gute Ausleuchtung sorgt. Dies kann bspw. eine Positionierung in der Nähe von einem Fenster sein oder im Schatten outdoor. Mit starker Sonneneinstrahlung kommen viele der älteren Smartphone-Kameras nicht gut zurecht und überstrahlen Bildteile. Ebenfalls führen zu dunkle Ausleuchtungen schnell zu Fraktalbildung. Je nachdem, welches Genre fotografiert wird, kann auch ein ruhiger Hintergrund empfehlenswert sein. Hierzu können Wohnungs-Wände, aber auch provisorische Backdrops aus Decken oder Betttüchern genutzt werden.

Um eine Bewegung des Fotografierten unabhängig von der Smartphone-Kamera zu ermöglichen, bietet es sich an, dieses auf einem Stativ oder einer erhöhten Position zu platzieren.

Grundsätzlich ist die Auflösung der entstehenden Dateien nicht für den Druck oder die Ausbelichtung geeignet. Hier können lediglich Bilder für Social Media bzw. das Web entstehen. In Collagen integriert können die entstandenen Bilder noch einmal verkleinert und damit mit höherer Qualität eingesetzt werden.

Um Content für den Social Media Kanal von Unternehmen zu generieren, ist diese Form des Remote Shootings eine probate Möglichkeit. Ebenfalls bedienen sich einige der Modelagenturen dieser Möglichkeit, um Sedcard-Content für ihre New Faces zu generieren.

Einer der bekanntesten Fotografen dieser Fotografieform ist Alessio Albi, dessen Model-Portraits im Social Media stilistisch nah an Fotografien mit der Spiegelreflexkamera heranreichen.

Elizaveta Porodina, eine bekannte Fashion-Fotografin aus Italien, fotografierte über Facetime eine Kampagne für die Designerin Carolin Herrera. Hierzu wurde die Kollektion an Ballet-Tänzer in aller Welt verschickt und dann via Facetime und anschließender Verfremdung fotografiert.

 

1.2 Einbetten des Device in Umgebung

Eine Alternative ist, das Device mit einer Spiegelreflexkamera abzufotografieren. Dazu wird das Device in ein attraktives Arrangement eingebettet. Hier sind der Kreativität des Fotografen keine Grenzen gesetzt. Letztendlich wird ein Flat-Lay des Device inszeniert. Es können Blumen darum herum arrangiert werden, das Device in die Einrichtung integriert werden und vieles mehr. Dies ermöglicht eine höhere Auflösung, da das Arrangement mit einer Spiegelreflexkamera fotografiert wird und die zu fotografierende Person ein Teil des Gesamtbildes ist. Dadurch werden Fraktale in der Übertragung so in den Hintergrund gerückt, dass sie nicht mehr auffallen. Allerdings steht die zu fotografierende Person nur bedingt im Fokus der Aufnahme.

 

1.3. Experimentelles Layering

Ähnlich wie beim Einbetten des Device in die Umgebung wird auch hier das Device als Bestandteil des Gesamtbildes genutzt. Dabei korrespondieren jedoch die Gestaltungselemente im besten Fall auf Seiten des Fotografen und des Fotografierten. Dies kann bspw. bedeuten, dass auf beiden Seiten Spiegel zur Verfremdung des Bildes eingesetzt werden. Oder aber das Device auf beiden Seiten unter einer Glasscheibe mit Wasser gelegt wird. Grundsätzlich wird hier viel mit Verfremdung bzw. Abstraktion gearbeitet. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Ob die Verfremdung bereits während des Shootings oder erst danach in der Postproduktion hinzugefügt wird, bleibt dabei dem Konzept des Fotografen überlassen. Eine harmonische Gesamtwirkung wird in diesem Fall dadurch erzielt, dass das Device als solches nicht mehr erkennbar ist und der Bildschnitt so gewählt wird, dass nur der Inhalt des Device, also das Bild des Fotografierten, sowie die eingesetzten abstrahierenden Stilmittel sichtbar sind. Der Fotograf nutzt bei dieser Form die Spiegelreflexkamera, um die Oberfläche des Device und die ergänzten stilistischen Ebenen zu fotografieren. Um dabei den Abstand zum Device zu verringern und dabei die maximaler Schärfe des Fotografierten zu erreichen, können Zwischenringe in Kombination mit einer Brennweite von 200 mm ein gutes Ergebnis erzielen. Durch diese Kombination kann der Moirée-Effekt, der durch die LED-Anordnung des genutzten Endgerätes entsteht, am besten verringert werden und es wird ein hinreichend scharfes Ergebnis erzielt. Um eventuelle Spiegelungen aus der Umgebung zu verhindern, ist der Aufbau eines Backdrops hinter dem eigentlichen Set empfehlenswert. Ein zusätzliches Dauerlicht ermöglicht eine Angleichung der Helligkeit von auf das Device platzierte Ebenen und der Eigenstrahlung des Device. v

 

 

Aufbau Facetime-Shooting – Experimentelles Layering

Facetime-Shooting bzw. Shootings via Endgerät des Fotografierten sind schnell und kostengünstig durchführbar. Sie sind vor allem geeignet, um Privatpersonen zu fotografieren oder flexibel mit Fotografierten zu arbeiten, die selbst kein Foto-Equipment vor Ort haben. Die Aufnahmen eignen sich vor allem für eine digitale Nutzung, eine Verwendung in gedruckten Medien ist eher nicht anzuraten.

Da durch die eingesetzten Medien eine fotografische Anmutung entsteht, die sich stark von der klassischen Fotografie abgrenzt, kann diese Form auch nach möglichen Kontaktbeschränkungen als stilistisches Mittel weiter eingesetzt werden.

Alle drei Varianten lassen sich in einer späteren Post Production noch verbessern. In RAW Konvertern wie beispielsweise Camera RAW von Adobe kann eine leichte Nachschärfung über Detail > Sharpening und über Clarity erreicht werden. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt, da schnell feine Linien des Monitors sichtbar werden können. Bei einer Bearbeitung beispielsweise in Adobe Photoshop kann danach das
Bild auf einer eigenen Ebene dupliziert werden und per Highpass-Filter mit Radius von ca. 2px erneut nachgeschärft werden. Dafür wird die Ebene nach Filteranwendung in den Modus „Hartes Licht“ gesetzt. Da nun auch die ungewünschten Fraktale wieder stärker zum Vorschein kommen, wird über eine Ebenenmaske der Effekt nur auf gewünschte Konturen wie beispielsweise an den Augen angewendet. So lässt sich die Qualität der aufgenommenen Bilder noch einmal verbessern.

 

2. Remote Shooting via Tethering

Neben den Facetime-Shootings besteht eine weitere Möglichkeit, über weite Distanz Fotoshootings durchzuführen. Hierbei greift der Fotograf via Videochat-Tool und Tethering auf fotografisches Equipment beim Fotografierten zu. Dazu ist es notwendig, dass der Fotografierte über folgende Dinge verfügt.

  • Spiegelreflexkamera
  • Stativ
  • Tethering-Option: Das Tethering als solches ist abhängig vom jeweiligen Kameramodel. Nahezu alle aktuellen Spiegelreflexkameras können via Kabel (USB- C o.ä.) oder via Bluetooth / WiFi an einen Computer / Laptop angeschlossen werden.
  • RAW-Verarbeitungsprogramm, das Tethering und Live View erlaubt (bspw. Capture One, Adobe Lightroom oder anbietereigene kostenlose Programme bei Canon, Sony und Nikon)
  • Videochat-Dienste mit Bildschirmfreigabe und Option zum Remote-Zugriff wie bspw. Microsoft Teams o.ä.
  • Stabiler Internetzugang

Auf Seiten des Fotografen ist lediglich ein stabiler Internetzugang sowie ein Computer / Laptop notwendig. Im besten Fall noch eine Webcam, damit Anweisungen für den Fotografierten visuell unterstützt werden können.

 

Aufbau Remote Shooting via Tethering

Über diesen Aufbau kann nun der Fotograf über das Videochat-Tool Zugriff auf das Device des Fotografierten erhalten und über das RAW-Verarbeitungsprogramm dessen Spiegelreflexkamera steuern. Die Steueroptionen beinhalten dabei

  • ISO
  • Belichtungszeit
  • Blendöffnung
  • Fokuspunkt

 

Ansicht Capture One Einstellungen

 

Ansicht Sony Remote

Brennweite und eventueller Zoomfaktor können nur durch den Fotografierten vor Ort gesteuert werden. Da die Kamera auf einem Stativ befestigt wird, damit sich der Fotografierte frei bewegen kann, ist eine Wahl des Bildausschnittes entweder vorab zu definieren oder
der Fotograf definiert dies in der Nachbearbeitung.

 

 

Setansicht

Der Fotograf hat in dieser Art des Shootings eine stärkere dirigierende und konzeptionelle Rolle, da die physische Vorbereitung auf Seiten des Fotografierten passieren muss. Eventuelle Sets, die Kamerapositionierung, mögliche Lichtaufbauten etc. müssen vorab geplant und durch den Fotografierten vor Ort aufgebaut werden. Daher ist eine klare Anleitung durch den Fotograf im Vorfeld unbedingt notwendig.

Sind dem Fotograf vorab nicht die örtlichen Gegebenheiten des Fotografierten bekannt, so bietet sich eine vorherige örtliche Begehung via Videochat an. Die Begehung kann mit dem weniger statischen Smartphone auf Seiten des Fotografierten durchgeführt werden, so dass vorab bereits Szenen geplant werden können. Hier muss darauf geachtet werden, dass das Smartphone weitwinklig ist und ggf. nicht
dem Ausschnitt der Spiegelreflexkamera entspricht. Darüber hinaus spiegeln die Smartphones nicht die realen Lichtverhältnisse vor Ort wieder, so dass ggf. die Ergänzung um ein Lichtsetup in der Planung sinnvoll sein kann.

Via Tethering können nicht nur Szenen mit verfügbarem Licht fotografiert werden, sondern es ist auch möglich, komplexe Blitzsetups zu steuern.

Da die Kamera in der Regel auf einem Stativ montiert ist, ist es essentiell, dass der Fotograf eine gute Modelführung übernimmt. Über den in den meisten RAW-Verarbeitungsprogramme eingebauten Live-View können sowohl Fotograf als auch Fotografierter einen guten Eindruck von Pose und Bildaufbau erhalten. Hierbei ist darauf zu achten, dass es über die Videochat-Tools und die Bildverarbeitung des RAW-Verarbeitungsprogramms zu zeitlichen Verzögerungen in der Darstellung kommt, so dass der Fotograf Positionsänderungen bspw. verspätet angezeigt bekommt. Wie auch bei klassischen Tethering-Shootings ist es sinnvoll, sowohl nicht benötigte Programme auf dem Endgerät des Fotografierten als auch Dropbox-Verbindungen und nicht benötigte Bluetooth-Verbindungen zu schließen.

Da das Tethering von Haus für die Aufnahme von Stills entwickelt wurde, ist diese Art des Remote-Shootings auch besonders für solche Shootings geeignet. Nach einmaliger Einrichtung ändert sich das Set nicht mehr, so dass hier die statische Positionierung der Kamera von Vorteil ist. So kann beispielsweise mit einem Set-Stylisten vor Ort und dem Fotograf via Videochat-Tool auch eine Produktion im Bereich Flat-Lay, Food-Fotografie oder Produktfotografie durchgeführt werden.

Da die Aufnahmen direkt durch die Spiegelreflexkamera gemacht werden, ist die technische Qualität der Endbilder die von normalen Produktionen gewohnte, und die Bilder können sowohl im Web als auch für Print verwendet werden.

Auf der Seite des Fotografierten / des Sets ist der Anspruch an die zur Verfügung stehenden Technik höher, als das im Regelfall Privatpersonen leisten können. Hierzu gibt es nun mehrere Möglichkeiten für eine Umsetzung:

  • Einige Fotografen versenden für diese Art der Shootings Kamera-Equipment an den Fotografierten. Hier ist auf eine ausreichende Versicherung und einen entsprechenden Transportschutz zu achten.
  • Für größere Produktionen können auch Kameraleihdienste hinzugezogen werden. Da hier von einer Kamera für einen Tag bis hin zu Vollausstattungen alles leihbar ist, können hiermit sämtliche Setplanungen umgesetzt werden. Diese Art der Fotografie ist daher für den professionellen Bereich im Bereich der Werbung, Modefotografie etc. eher geeignet als für das Fotografieren von Privatpersonen.

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Bewertungen

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