VRED Workflow am Beispiel des Buch-Trailers „Lunar Mystery“
Wenn man an 3D-Animationsfilme und den Softwarehersteller Autodesk denkt, landet man in der Regel bei Maya. Zurecht. Maya ist seit zwei Jahrzehnten ein Multifunktionstool für Film- und Fernsehschaffende, Gamedesigner und viele andere.
VRED, auch eine Visualisierungssoftware aus dem Hause Autodesk wird in dieser Sparte eher selten genutzt. Es sei denn man hat beruflich in der Automobilbranche als Visual-Artist, Fotograf oder Filmer zu tun. Dann kommt man an dieser Visualisierungssoftware nicht wirklich vorbei. Da VRED Hand in Hand mit ALIAS arbeitet und auch vor komplexen Datensätzen nicht zurückschreckt, ist es auch für Konstrukteure und Designer aus dieser Branche die erste Wahl.
Die bekanntesten Stärken von VRED sind fotorealistische Visualisierungen. Also Raytrace-Renderings die die Bezeichnung fotorealistisch auch verdienen. Wenn ein detailreiches Datenmodell vorhanden ist, kann man in der Software von den Materialien über die Lichteinstellungen bis hin zur Kamera physikalisch korrekte Einstellungen treffen und somit aussagekräftige und evaluierbare Resultate erzeugen.
Da Digital Prototyping immer wichtiger wird und jeden Tag neue Tools präsentiert werden, ist natürlich auch die Echtzeit Evaluierung mithilfe von Virtual Reality ein grosses Thema. Auch hier glänzt VRED mit sehr guten Tools, Schnittstellen für HMD-Brillen und Visualisierung-Resultaten, die sich dem Fotorealismus immer mehr annähern.
Planung.
Ich bin kein Freund davon zu behaupten, eine Visualisierung wäre heutzutage Dank der neuesten Software kinderleicht umzusetzen. Für uns Alltägliches in der digitalen Welt abzubilden ist oft nicht einfach. Das alles braucht nach wie vor Zeit. Und meistens mehr als man denkt. Gutes Werkzeug hilft ungemein bei der Umsetzung, aber eine Zielsetzung zu haben auch.
Deshalb ist es immer wichtig die Frage zu stellen, um was es bei dieser Arbeit geht. Was soll wem gezeigt und erzählt oder vermittelt werden? Das hilft ungemein bei der Wahl der grafischen Mittel und bestimmt letztendlich auch die technische Umsetzung und Umfang der visuellen Arbeit.
Wenn es sich, wie im vorliegenden Beispiel, um einen Trailer von ca. 1 Minute Laufzeit handelt, weiß man schon einen wichtigen Parameter. Die Spieldauer.
Da ich für unsere Bonanzarad-Bibel einen kleinen Trailer mit Nennung des Filmtitels, einer überschaubaren Story, ein Ende mit Buchvorschau und einen Abspann benötigte, waren die 60 Sekunden schnell mit Inhalt gefüllt. Wenigstens auf dem Papier.
Umsetzung.
Nach einem Tag Recherche, Auswahl und Beschaffung der 3D-Modelle und Planung startete ich mit der Umsetzung in VRED. Dort benötigte ich ca. 15 Stunden für den Aufbau der 3D-Szene, das Einstellen der Texturen/Materialien und das Erstellen der Animationen und der Kamerafahrten. Nach dem Rendern in Adobe Premiere 5 Stunden für den Schnitt. In Adobe After Effects ca. 8 Stunden für die Effekte und grafischen Komponenten. Und für die Soundcollage, die ich in Cubase und Adobe Audition gemacht habe waren noch einmal 7 Stunden fällig.
Da ich im Homeoffice war, hatte ich für das Raytrace-Rendering nur 6 Kerne bzw. 12 Prozessoren auf meinem Laptop zur Verfügung. Die Renderzeit inkl. der Testrenderings betrug in etwa 22 Stunden bei einer Full HD Auflösung.
Workflow.
Begonnen habe ich damit die einzelnen Geometrien im 3D Raum zu positionieren, so das es später für die Animationen und die Kamerafahrten Sinn machte.
Da die Herstellung dieses Trailers für mich auch eine technische Fingerübung sein sollte, wollte ich VRED darin testen wie groß ein Environment und die Abstände zwischen den darin enthaltenen Geometrien eigentlich sein darf.
Die eigentliche Szene spielt an einem bzw zwei Mondkratern. Dazu benötigte ich auch noch die Erde und die Sonne die beide am Horizont zu sehen sein sollten. Das Environment für das Weltall habe ich in Form einer Sphäre auf einen Durchmesser von 2 Kilometern angelegt. Die Sonne hat eine Entfernung von 930 und die Erde eine Entfernung von 772 Metern zur eigentlichen Szene am Mondkrater. Alles Entfernungen, die in Bezug auf unser Sonnensystem mickrig erscheinen, aber für eine 3D Szene schon sehr beachtlich sind. VRED hatte damit überhaupt keine Probleme und konnte diese Szene problemlos verarbeiten.
VRED Material Editor.
Die Materialien habe ich dann mithilfe des Material Editor zugewiesen. Für die Erde und für das Sonnensystem habe ich mich bei Texturen der NASA bedient. Für die Darstellung der Erde gab es sogar bump maps, die ich mit den diffuse maps kombinieren konnte um Gebirgsketten der Erde besser darstellen zu können. In diesem Material habe ich dann auch eine incandescence Textur implementiert, so dass ich auch auf der Nachtseite der Erde leuchtende Städte hatte. Letzteres war zugegebenermaßen nur eine Spielerei, da man dies in dem Trailer später sowieso nicht sehen konnte. Soviel zum effektiven Zeit Management 😉
Die Material Erstellung für die Raumsonde, die Raumanzüge und die Helme und diverse Materialien für das Bonanzarad waren auch nicht das große Problem. Für die Ralley Fahne, die in der letzten Szene zu sehen ist, musste ich noch in Photoshop verschiedene Textur Maps erstellen. Aber auch das ist alles Standard und war als Arbeitsschritt bereits einkalkuliert.
Für die Mondoberfläche habe ich ein Material genutzt, das aus der Substance Bibliothek kommt und eigentlich Fußspuren im Matsch andeuten sollte. Durch Änderung des Reflektionsgrad, der Helligkeit und auch der Farbe konnte das aber gut angeglichen werden. Sehr hilfreich war hier im Material Editor die seit VRED 2020 verfügbare Funktion der „rounded edges“, so dass im Raytrace-Rendering die grob tessalierte Polygon-Struktur der Mond und Krater Geometrie nicht so auffiel.
VRED Light Editor.
Im Light Editor habe ich dann die einzelnen Lichtquellen erstellt und deren Grundeinstellung verändert. Als Hauptbeleuchtung der gesamten Szene habe ich eine Directional Light genutzt das dem des Sonnenlichts am ähnlichsten ist. Nur leider kann man bei dieser Lichtart keinen Lens Flair erzeugen, der in dem Tab Image Processing einstellbar ist. Für diesen Zweck habe ich dann ein Spot Light gemacht und diesem den Lens Flair für die Sonne zugewiesen. Dieses Spotlight habe ich dann im Scenegraph in den Groupnode der Sonnen-Geometrie eingeordnet damit beide die gleiche Position haben. Ansonsten wäre der Effekt an unterschiedlichen Standpunkten in der 3D-Szene nicht mehr deckungsgleich mit der Position der Sonne gewesen. Die Taschenlampe in der Hand des einen Astronauten hat den gleichen Effekt bekommen. An der Fundstelle des Bonanzarads musste ich noch eine partielle Aufhellung einrichten. Sonst wäre diese Einstellung zu gegenlichtig geworden.
VRED Animationen.
In dem Curve Editor und mithilfe der Timeline werden in VRED Animation erzeugt. Diese Animationen sind normalerweise Objekt-, Material- oder Kamera-Animationen. Für den Trailer benötigte ich nur ein paar Objekt Animationen wie zum Beispiel das Heben der Taschenlampe oder das Fallenlassen der Fahne. Am wichtigsten war mir allerdings die Kamera-Animation.
Wer schon einmal den Curve Editor in VRED benutzt hat weiß, dass man alle Einstellungsparameter der Kamera aufzeichnen kann. Oder man beschränkt sich auf nur ausgewählte Achsenbewegungen. Prinzipiell sind aber alle Einstellung aufnehmbar. Dazu gehören u.a. auch die Sensor Größe, der Weissabgleich und Effekte wie glow und glare oder Nebel.
Diese Key-Animationen kann man später im Clip Maker zu einzelnen Clips und Sequenzen zusammenführen. Den Clip Maker stellt man sich am besten wie ein Filmschnittprogramm mit verschieden Spuren vor. In dem man zum Beispiel eine Objekt Animationen zusammen mit einer Kamera Animation auf einer gemeinsam Zeitleiste auf unterschiedlichen Spuren positioniert, kann sich eine zeitliche Überschneidung in den Aktionen ergeben. Anders positioniert können diese beiden Animationen aber auch nur aufeinander folgende Sequenzen sein.
Diese Clip-Animation können dann über die Render Settings als gerenderter Film oder Einzelbild exportiert, oder auch als Animations-Variante im Variant Sets eingesetzt werden.
VRED Render Settings.
Für den Trailer habe ich die Clips als Einzelbilder also einzelne Frames abgespeichert. Pro Sekunde Film reichten hier 25 fps (frames per seconds), da man keine ultra-schnellen Bewegungen der Objekte oder der Kamera etc. hatte. Das Rendern von Einzelbildern erlaubt es einem auch einen Rendervorgang abzubrechen. Der neue wird dann einfach ab dem zuletzt gerenderten Bild neu gestartet. Man kann in VRED natürlich auch einen AVI-Movie exportieren. Davon rate ich jedoch ab, da bei einem fehlerhaften Rendervorgang alle bereits exportierten Daten verloren gehen. Mit Einzelbildern hat man es in den Schnittprogrammen auch später einfacher in der Handhabung. Gerne exportiere ich mir zu dem Beauty Channel auch noch eine Occlusion- Material- und Alpha Maske heraus. So hat man es später bei der partiellen Nachbearbeitung einfacher.
Neben diesem File Output Einstellungen kann man natürlich auch Einfluss auf die Image Samples und die Raytracing Quality nehmen. Ob es beim Pixel Filter der Gaussian, Mitchel Netravali oder einfach nur der Sharp Triangle ist überlasse ich der persönlichen Erfahrung und Geschmack.
Aufpassen sollte man darauf, nicht zu feine Einstellungen vorzunehmen. Das geht ordentlich in die Renderzeit. So müssen es nicht immer die 512 Image Sample oder mehr sein. Oftmals reichen bei lichttechnisch unkritischen Situation 128 und weniger.
Wenn man es fotorealistisch und mit indirekten Reflektionen arbeiten möchte, sollte bei den Raytracing Einstellungen immer Full Global Illumination angewählt sein.
Fazit.
In puncto Renderqualität bin ich wieder bei der anfänglichen Fragestellung nach dem was und wofür.
Die höchste Qualität im Renderer zu erzeugen hätte dem Trailer „Lunar Mystery“ keinen Qualitätszuwachs gebracht. Nur die Render-Zeit unnötig erhöht.
Da sowieso in der Nachbearbeitung in After Effects viele Störungen hinzugerechnet werden sollten um schlechte Übertragungsqualität darzustellen, hätte ich wahrscheinlich nur Zeit verloren. Das der Trailer eine reduzierte Bildsprache und einen eher komikhaften Anspruch hat, unterstreicht diese Herangehensweise.
Eine Post-Production ist bei jeder Render-Engine nötig. Das man einen Film aus einer Visualisierungs-Software heraus rendert und danach keine Nachbearbeitung braucht, findet im filmschaffenden Metier eher nicht statt.
VRED hat tatsächlich keinen superschnellen Raytrace-Renderer. Das Programm hat aber den grossen Vorteil, das man sehr realitätsnahe Ergebnisse erzeugen kann. So ist es z.B. möglich im Raytrace Modus auch Photon-Tracing zu aktivieren. Für alle die in Kombination mit der richtigen Glaswahl im Material Editor die Lichtbrechung und Dispersion von Diamaten berechnen möchten ein absolutes Muss. So ist es mit diesem feature auch möglich, Strahlengänge innerhalb von Auto-Scheinwerfer korrekt zu visualisieren. Nur sollte man deutlich mehr Render-Zeit einkalkulieren.
Eine andere Stärke von VRED ist die Darstellung in Echtzeit. Dank einer hohen Bildrate und sehr guter Hilfsmittel für die OpenGL Simulation von Licht und Schatten im Einklang mit den anderen Editoren, wirken die Visualisierungen in Echtzeit schon sehr realitätsnah. Wir benutzen VRED oft als Real-Time Renderer in Kombination mit VR Head-Sets und unserem VR-Seatbuck. Der Seat Buck ist ein Evaluierungstool, mit dessen Hilfe wir Fahrzeuginnenräume vom Sportwagen bis zum Lieferwagen in VR simulieren können. Da es für uns möglich sein muss, unterschiedlicheste Design Varianten und auch Bewegungen des Lenkrads in hoher Auflösung und ohne Latenz in Echtzeit darstellen zu können, ist VRED hier unsere erste Wahl.
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